Das Buch Jesaja Titel des Buches und seine Stellung im ersten Testament Das Buch ist nach dem Propheten Jesaja benannt, dessen Worte es überliefert. Der Name Jesaja bedeutet >>Hilfe ist Jahwe<< oder >>Hilfe Jahwes<<. In verschiedenen Bibeln eröffnet das Buch Jesaja die prophetischen Bücher des AT. In der hebr. Bibel ist - nach den >>Vorderen Propheten<< (Josua, Richter, Samuel, Könige) - das erste Buch der >>Hinteren ropheten<<. Verfasser und Entstehungszeit Von dem Propheten Jesaja sind nur wenige biographische Angaben bekannt. Er war ein Sohn des Amoz, verheiratet und hatte mindestens zwei Söhne (Jes. 7,3; 8,3.18). Jesaja war Judäer und trat im Südreich auf, doch er wandte sich mit seiner Botschaft auch an das Nordreich (Jes. 28,1-4). Gott berief ihn im Todesjahr des Königs Usija, der ca. 740/39 v. Chr. starb (Jes. 6,1). Die letzten Berichte über Jesajas Wirken fallen in die Zeit des Einfalls des Assyrischen Herrschers Sanherib 701 v. Chr. (Jes. 36-39). Jesaja war damit rund 40 Jahre Prophet und erlebte die Regierungen der Könige Usija (757-740/39 v. Chr.), Jotam (740/39-732/31 v. Chr.), Ahas (732/31-716/15 v. Chr.) und Hiskia (716/15-687/86 v.Cr.). Sein prophetisches Wirken lässt sich auf dem Hintergrund der geschichtlichen Ereignisse in vier Perioden aufteilen: 1.Der erste Auftritt als Prophet liegt in der Zeit zwischen seiner Berufung (740/39 v. Chr.) und dem syrischen-ephraimitischen Krieg (ca. 739-733 v. Chr.); dahin gehören z.B. die Kapitel 3 und 5. 2.Dann spricht er in der Zeit des Krieges (ca 733 v. Chr.) und kündigt u.a. den Untergang des Nordreiches an (z.B. Jes. 9,7ff; 17,3ff; 28,1-4). 3.Danach folgt eine Zeit des Schweigens, das er erst in der Zeit der niedergeworfenen Aufstände gegen Assyrien unter König Sargon II. (722-705 v. Chr.) unterbricht (z.B. Jes. 18,20). 4.Schließlich meldet er sich wieder während der 'Belagerung Jerusalems durch Sanherib (um 701 v. Chr.) zu Wort (z.B.Jes. 22; 32). Die Weissagungen Jesajas umfassen also einen großen Zeitraum; in den Kapiteln 40-66 weitet sich aber auch dieser Zeitraum noch weiter aus: Jes.40-55 sprechen in die Zeit des Exils 587-538 v. Chr. hinein; das geht aus Stellen wie Jes. 43,14; 45,1-7; 48,20 hervor. Und Jes. 56-66 setzten nach Meinungen der meisten Ausleger die Situation der Heimkehrer aus dem Exil voraus, also die Zeit nach 538 v. Chr. Von daher nimmt die Forschung für die Kapitel 40-55 (als >>Deuterojesaja<<) und 56-66 (als >>Triojesaja<<) heute in der Regel andere Verfasser an, von Jesaja selbst stammten danach nur die Kapitel 1-39. Dagegen spricht aber, dass es in der Überlieferung des Jesaja-Buches keine Hinweise auf einer derartigen Zusammensetzung des Buches aus mehreren Schriften oder Bearbeitungen oder auf eine nachträgliche Ergänzung gibt. Auch die vollständige Jesaja-Rolle aus Qumran, die etwa um 120 v. Chr. geschrieben wurde, bietet keine Handhabung für seine solche Aufteilung. Und warum sollte der Prophet, der die Zerstörung Jerusalems von 586 v. Chr. vorausgesagt hat, nicht auch die Rückkehr aus dem Exil von 538 v. Chr. voraussagen? Zur Lösung des Problems der Einheitlichkeit des Jesaja-Buches wird neuerdings auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Schüler Jesajas das von ihm Gehörte und Geschaute weiter überlieferten, also den Grundbestand bewahrten, aber jeweils aktualisierten. Aus Jes. 8,16 wissen wir, dass Jesaja Schüler hatte. Und es ist durchaus denkbar, dass sich aus ihnen eine >>Jesaja-Schule<< entwickelt hat, in der die Weissagungen Jesajas über die Exilszeit hinaus bewahrt und weitergegeben wurden. Geschichtliche Hinweise auf eine solche Schule aber gibt es nicht. Auch >>Deuterojesaja<< und >>Triojesaja<< bleiben Hypothesen. Was wir haben, ist das Buch Jesaja in seiner heutigen vorliegenden Form. Botschaft Die Verkündigung Jesajas enthält drei prophetische Grundthemen: 1.Die zeitgeschichtliche Botschaft: Jes. 1-39 (mit Ausnahme der erzählenden Abschnitte Jes. 36-39 sowie einige endgeschichtlicher Stücke, s. u.)2.Die messianische Botschaft: Jes. 40-55 3.Die endgeschichtliche Botschaft: Jes. 56-66; außerdem Jes. 8,23-9,6; 11,24-27 Zu Punkt 1 In seiner zeitgeschichtlichen Botschaft geißelt Jesaja die Sünden des Volkes und kündigt ihm Gottes Gericht an. Dabei deckt er die Äußerlichkeit des Glaubens und des Gottesdienstes auf (Jes. 1,11-14), den Götzendienst (Jes. 2,8), den Egoismus und die Hartherzigkeit (Jes. 1,23; 3,14f; 10,2), die Sittenlosigkeit (Jes. 5,11f.22). Ebenso nennt und tadelt er auch die Sünden der Feinde Judas (Babylon Jes. 13; 47; Tyrus Jes. 23; Assyrien Jes. 10,5-19; 30,27-33) Edom Jes. 34). Mitten in dieser harten Gerichtsbotschaft leuchtet aber immer wieder die Hoffnung auf (Jes. 9,1-6; 11,1-16; 25,1-12; 27,1-13). Gottes Liebe ist größer als sein Zorn, nach dem Gericht gibt es eine neue Zukunft unter der gnädigen Herrschaft Gottes. Zu Punkt 2 Im Zentrum der messianischen Botschaft Jesajas steht der >>Knecht des HERRN (äbäd Jahweh). Von ihm ist in den Gottesknechts-Liedern die Rede (Jes. 42,1-4.5-9; 49,1-6.7-13; 50,4-9; 52,13-53,12), die innerhalb der Verkündigung Jesajas ein eigenes Gepräge tragen. Jesaja schaut hier den Gesandten Gottes, den Messias, der nicht nur dazu kommen wird, Israel zu retten, sondern auch, um auf allen Völkern der Erde seinen Geist des Friedens, der Gerechtigkeit und des Heils ruhen zu lassen. In Jes. 52,13-53,12 schließlich wird er offenbar als der, der die Sünden des Volkes Trägt und durch sein Leiden und Sterben zum siegreichen Retter der Menschen wird. Um dieser Schau willen hat man Jesaja den fünften Evangelisten genannt.Zu Punkt 3 In seiner endgeschichtlichen Botschaft weist Jesaja auf eine künftige Zeit des Friedens hin (Jes. 9,1-6), in der es keine Gewalttat (Jes. 11,6-9; 60,18) und kein Leid (Jes. 61,3) mehr gibt und in dem Gott selbst über sein Volk herrschen wird (Jes. 60,19). Dabei spielt Jerusalem eine zentrale Rolle. Von Jerusalem wird das Wort des HERRN ausgehen (Jes. 2,3), die Herrlichkeit des HERRN wird über ihm aufgehen (Jes. 60,1), und der HERR wird die Nationen zu seinem Heiligtum bringen (Jes. 56,6-8; 60,3ff). Gliederung 1.Kap. 1,1-31 Gottes Anklage gegen Juda und Jerusalem 2.Kap. 2,1-4,6 Heil und Gericht für Jerusalem und Juda 3.Kap. 5,1-30 Der unfruchtbare Weinberg 4.Kap. 6,1-13 Die Berufung des Propheten 5.Kap. 7,1-8,22 Erzählendes Stück: Die Belagerung Jerusalems 6.Kap. 8,23-9,6 Verheißung des Friedensreiches 7.Kap. 9,7-10,34 Drohendes Gericht über Israel und Assur 8.Kap. 11,1-12,6 Verheißung des Friedensreiches 9.Kap. 24,1-27,13 Gericht und Heil 10.Kap. 28,1-31,9 Die assyrische Krise - Gottes Gerichtsdrohung über Assur1.Kap. 32,1-35,10 Jerusalem Not und Gottes Heil 2.Kap. 36,1-39,8 Erzählendes Stück: Rettung Jerusalems vor den Assyrern 3.Kap. 40,1-48,22 Die Babylonische Gefangenschaft und ihr Ende 4.Kap. 49,1-55,13 Die Erlösung durch den leidenden Gottesknecht 5.Kap. 56,1-60,22 Die künftige Herrlichkeit Zions 6.Kap. 61,1-64,11 Gottes künftiges Heil und die Not der Gegenwart 7.Kap. 65,1-66,24 Nach dem Gericht: Ein neuer Himmel und eine neue Erde