Das Buch der Richter Geschichtlicher Hintergrund und Stellung des Buches im ersten Testament Die Richter (hebr. schofetim) waren bedeutende Führerpersönlichkeiten, die Gott in Zeiten der Bedrängnis berief, um sein Volk zu befreien und zu führen. >>Richten<< im Sinne Gottes Urteile zu vollstrecken. Ihre Aufgabe wird am besten in Ri. 2,16 ausgedrückt: >>Da ließ der HERR Richter aufstehen, die retteten sie aus der Hand ihrer Plünderer<< Gott, der einerseits die Unterdrückung bewirkte und andererseits dann Befreier erweckte, war letztlich selbst Israels Richter und Befreier (Ri. 8,23). In der hebr. Bibel ist das Richterbuch nach Josua und vor Samuel das zweite der sog. >>Vorderen Propheten<<. Verfasser und EntstehungszeitFür die Entstehungszeit des Buches in der jetzigen Form gibt es nur spärliche Hinweise. Die Worte in Ri. 18,31: >>All die Tage, in denen das Haus Gottes in Silo war<<, deuteten auf eine Zeit nach der Zerstörung Silos in den tagen Samuels hin. Daneben lässt die wiederholte Formulierung >>In jenen Tagen war kein König in Israel<< (Ri. 17,6: 18,1; 19,1 u.a.) auf ein Datum während der Königszeit schließen. Unbekannt ist auch der Verfasser. Die jüdische Tradition schrieb das Buch Samuel zu, was aber mit den Chronologischen Hinweisen des Buches selbst nicht in Übereinstimmung zu bringen ist. Die Angabe in 1.Ch. 29,29 können jedoch darauf hinweisen, dass Samuel auch einige der Berichte aus der Richterzeit gesammelt hatte und dass Propheten wie Nathan und Gad - beide standen in Verbindung mit dem Hof Davids - bei der Zusammenstellung des Stoffes mitwirkten. Inhalt und Thema Das Richterbuch beschreibt das Leben Israels in der Zeit nach dem Tod Josuas bis zum Aufkommen des Königtums - eine Zeit häufiger Not, in der Gott aber sein Volk Formt, damit es sein Werkzeug zur Weiterführung seines Willens in der Welt sei. Viele Verheißungen, die Gott einst den Patriarchen in Kanaan und später den Vätern in der Wüste gegeben hatte, waren erfüllt. Das verheißene Land lag unter ihren Füßen. Nun sollte für Israel die Zeit gekommen sein, als Verwirklichung des Reiches Gottes auf der Erde dazustehen (2.Mo. 19,5.6). Doch vergaß das Volk in Kanaan schnell die Befreiung- und Führungstaten Gottes. Der Blick für seine einzigartige Identität als Gottesvolk, das dazu erwählt und berufen war, ein Zeugnis für alle Völker der Welt zu sein, ging mehr und mehr verloren. Das Richter-Buch beschreibt also eine Zeit, in der die Israeliten >>den HERRN, ihren Gott, vergaßen<< (1.Sam. 12,9). Die beständige Klage lautet: >>In jenen Tagen war kein König in Israel. Jeder tat, was recht war in seinen Augen<< (Ri. 17,6; 18,1; 19,1; 21,25). Die Folge dieses Abfalls ist die wiederholte Bedrückung durch fremde Völker - durch die Midianiter (Ri. 6-8), Ammoniter (Ri. 10-11), Philister (Ri. 13-16) u.a. Gott gab sein Volk - zeitweise und aus Gründen der Erziehung! - dahin. All diese turbulenten Vorgänge sind von den sogenannten >>Bundesflüchen<< in 3.Mo. 26,14ff (vgl. 5.Mo. 28,15ff) her zu verstehen. Veranlasst durch die Not der Bedrückung, schreit das Volk zu Gott - und wird erhört. Mehrfach wiederholt sich im Richter-Buch diese Folge von Ungehorsam, Fremdbedrückung, Hilfeschreien und Befreiung (Ri. 2,11-19; Neh. 9,26-31). Immer wieder zeigt sich hier die Bundestreue Gottes. Zu keinem anderen Zeitpunkt wird die große Geduld und Langmut Gottes deutlicher sichtbar als in dieser unruhigen Richterzeit. Was das Amt und die Stellung der einzelnen Richter betrifft, so standen sie über den >>Ältesten des Volkes<< in früherer und unter den Königen in späterer Zeit. Die Richter handelten ähnlich wie Mose und Josua, im Auftrag Gottes. Jedoch war ihre Aufgabe örtliche begrenzt und galt nur für jeweils einen Teil der Stämme. Das Wirken mehrerer Richter zur gleichen Zeit ist denkbar. Die herausragendste Würdigung der Richter in geistlicher Hinsicht findet ich in Hebr. 11,32ff: Gideon, Barak, Simson und Jeftah werden zu denen gezählt, die >>durch Glauben Königreiche bezwangen, Gerechtigkeit wirkten, Verheißungen erlangten, der Löwen Rache verstopften, des Feuers Kraft auslöschten, das Schwertes Schärfe entgingen, aus der Schwachheit Kraft gewannen, im Kampf stark wurden, der Fremden Heere zurück trieben<<. Gliederung 1.Kap. 1,1-2,5 Vorspann 2.Kap. 2,6-3,6 Einleitung 3.Kap. 3,7-31 Die ersten Richter: Otiel, Ehud und Schamgar 4.Kap. 4-5 Debora 5.Kap. 6,1-8,35 Gideon 6.Kap. 9 Abimelech 7.Kap. 10 Tola, Jair und die Ammoniter 8.Kap. 11-12 Jeftah und die sogenannten kleinen Richter 9.Kap. 13.16 Simson 10.Kap. 17-18 Anhang: Micha und der Stamm Dan 11.Kap. 19-21 Anhang: Die Schandtat Benjamins