Das Buch Esra Titel des Buches und seine Stellung im ersten TestamentDas Buch ist nach dem Priester Esra benannt, dessen aramäischer Name "Hilfe" bedeutet. Ursprünglich gehörten in der hebr. Bibel die Bücher Esra und Nehemia zusammen. Die Septuaginta und die Vulgata nennen beide Bücher >>Esra<<. Dabei unterscheidet die Septuaginta Esra A, das ist das apokryphe 3. Buch Esra, das nicht in dem hebr. Kanon aufgenommen wurde und Esra B, die biblischen Bücher Esra und Nehemia, während die Vulgata die Bücher in 1.Esra (das Buch Esra) und 2.Esra (das Buch Nehemia) aufteilt. Die endgültige Trennung der beiden Bücher in das Buch Esra und das Buch Nehemia erfolgte in späterer Zeit (ab ca. 1448 n. Chr.). Das Buch Esra hängt inhaltlich und stilistisch eng mit dem beiden Chronik-Büchern zusammen. Darauf weist auch die fast wörtliche Übereinstimmung der letzten beiden Verse in 2.Chr. mit den beiden ersten des Esra-Buches hin. Die Chronik-Bücher, Esra und Nehemia werden in der Forschung zu einem sogenannten >>Chronistichen Geschichtswerk<< gezählt. VerfasserDas Buch Esra ist in der uns vorliegenden Form wohl nicht von Esra selbst verfasst worden. Der Erzählstil wechselt zwischen der Ich-Form (Esr. 7,27-9,15) und der Er-Form (Esr. 7,1-26; 10,1-44). Die Passagen in der Ich-Form und daneben auch noch einige andere Stücke, wie der Brief des Artahsasta (Artaxerxes I. Longimanus 465-424 v. Chr. (Esr. 7,11-26)). und das Schreiben des Darius (Esr. 6,3-12), gehen jedoch wahrscheinlich auf ihn zurück. Ein Teil des Esra-Buches ist in aramäischer Sprache geschrieben der diplomatischen Amtssprache des Perserreiches, so Esr. 4,8-6,18 und Esr. 7,12-26. Esra führte die zweite Rückkehrer Welle aus Persien an (458 v. Chr.), und seine Aufzeichnungen dürften in den darauf folgenden Jahren (ca. 457-444 v. Chr.) entstanden sein. Ein Chronist, der auch die Chronik-Bücher und das Buch Nehemia bearbeitet, hat dann wohl in der Zeit nach 400 v. Chr. (da enden die letzten Einträge des Chronistichen Werkes) die Quellen mit anderen Berichten zu dem heutigen Buch Esra zusammengefügt. Geschichtlicher Hintergrund 539 v. Chr. eroberten die Meder und Perser Babylonien und vernichteten das babylonische Großreich. Der persische König Kyrus war ein aufgeklärter Herrscher und beendete die Politik der Unterdrückung, wie sie die Babylonier und Assyrer ausgeübt hatten. Denn von den Babyloniern und Assyrern unterworfenen Völkern gewährte er lokale Selbständigkeit, die Ausübung ihrer Religion und Ermutigte alle Weggeführten, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. So erhielten 538 v. Chr. auch die Juden die Erlaubnis, nach Jerusalem zu gehen, und eine erste Gruppe machte sich unter Serubbabel auf den Weg in die Heimat. 80 Jahre später sollte dann der Priester Esra eine zweite Gruppe in Richtung Jerusalem anführen. Esra war Nachkomme von Eleasar, dem Sohn Aarons, und lebte zur Zeit des persischen Königs Artahsasta (465-424 v. Chr.). Er war Priester und Schriftgelehrter, der das Volk in Gottes heiligem Gesetz unterwies. Der persische König sandte ihn mit einer Anzahl Israeliten, dazu Priestern, Leviten, Tempeldienern und Torhütern nach Jerusalem, damit er die dortigen Zustände nach dem Gesetz Gottes prüfte. Für die Reise erhielt Esra vom König Silber und Gold, das er auch im Reich einsammeln durfte, um Opfertiere und alles weitere für den Tempeldienst anzuschaffen. Daneben erhielt er die Vollmacht, in seiner Heimat Richter und Rechtspfleger über alle Juden einzusetzen. Die offizielle Entsendung und die finanzielle Unterstützung durch den Perserkönig lassen vermuten, dass Esra ein hohes Ansehen am Hofe und dort vielleicht auch eine offizielle Stellung hatte. Am 12. Tag des ersten Monats im siebenten Jahr des Königs Artahsasta (458 v. Chr.) brach Esra auf, und Gottes Hand leitete die Reisenden nach vier Monaten sicher ans Ziel (Esr. 7,9). Etwa vier Monate nach seiner Ankunft ging Esra gegen die Mischehen, die viele Juden geschlossen hatten, vor und veranlasste die, die sich dieser Übertretung der Gebote Gottes schuldig gemacht hatten, ihre heidnischen Frauen fortzuschicken (Esr. 9-10). Das Buch Nehemia berichtet dann noch einmal von Esra (Neh. 8,4; 12,36). Inhalt und BotschaftDas Esra-Buch beschreibt die Entstehung der nachexilischen Gemeinde. Es knüpft damit an die Verheißung der Propheten an, dass Gott trotz seines von ihnen angekündigten Gerichtes, das er mit der Vernichtung der beiden Reiche Israel und Juda und mit der Wegführung in die babylonische Fremde über sein Volk ergehen ließ, einen Rest bewahren und in die Heimat zurückführen würde. Dabei gebrauchte Gott, wie Jesaja bereits angekündigt hatte (Jes. 44.28ff), einen Machthaber aus den Nationen, um seinen Plan auszuführen. Gottes Barmherzigkeit und Liebe erweisen sich stärker als sein Zorn, und er macht einen neuen Anfang mit Israel. Mit dem Wiederaufbau des Tempels, den Gott gegen alle äußeren Widerstände durchsetzt, demonstriert er sichtbar die Gemeinschaft mit seinem auserwählten Volk. Dennoch wandelt die zurückgekehrte Gemeinde nicht in seinen Geboten. Das Buch Esra bestätigt, worüber auch die Propheten Haggai, Sacharia und Maleachi klagten: >>Gottes Gesetz ist in Vergessenheit geraten; viele Israeliten haben heidnische Frauen geheiratet und sich damit dem Einfluss anderer Götter ausgesetzt (Esr. 9,2; vgl. 5.Mo. 7,3f)<<. Es ist Esra, der mit der tatkräftigen Forderung des Opferdienstes im Tempel (Esr. 8,24-36) und mit seinem Bußgebet (Esr. 9,5-15) weitreichende Reformen in der Gemeinde auslöst und ihr wieder geistliches Leben vermittelt. Er erinnert die Israeliten daran, dass sie als Gottes auserwähltes Volk nach anderen Maßstäben als die übrigen Völker leben und sich nicht mit ihnen gleichstellen sollen. Israel soll seine Eigenart bewahren und sich vom Fremden abgrenzen.