Das Buch Hoheslied Titel des Buches und seine Stellung im ersten Testament Im Hebr. ist das Buch nach seinen ersten beiden Wörtern benannt: "schir haschirim", >>Lied der Lieder<<. Das Hebr. drückt mit dieser Umschreibung den Superlativ aus, im Deutschen würde man stattdessen >>Das schönste Lied<< sagen. Es meint die anderen Lieder überragende Lied, eben das hohe Lied. Die Septuaginta und die Vulgata sind in ihren Übersetzungen "Asma Asmaton bzw. Canticum Canticorum" dem hebr. Titel gefolgt. Das Hohelied steht im dritten Teil der hebr. Bibel, den >>Schriften<<, und gehört zu den fünf Megillot, "Rollen"; es wird am Passahfest im Gottesdienst der Synagoge verlesen. Verfasser und Entstehungszeit In der Überschrift (Hl. 1,1) und an sechs weiteren Stellen (Hl. 1,5; 3,7.9.11; 8,11f) wird König Salomo namentlich erwähnt. Zwar kann der hebr. Ausdruck "lischlomoh" in der Überschrift sowohl >>von Salomo<< als auch >>für Salomo<< bedeuten, doch ist die Bedeutung >>von Salomo<< die wahrscheinlichere. Dass Salomo gedichtet hat, ist durch 1.Kö. 5,12 (vgl. Ps 72 und Ps 127) bezeugt. In der Bibel werden drei Bücher auf ihn zurückgeführt: Im Sprüche-Buch ist das Thema die Weisheit, das Prediger-Buch zeigt den Menschen zwischen Lebenshass und Lebensfreude, und das Hohelied besingt die Schönheit der Liebe. Ob die uns vorliegende Endgestalt des Hohenlieds von Salomo stammt, ist allerdings unsicher. Lehnworte aus dem Persischen (z.B. pardes, d. h. >>Lustgarten<<) und dem Griechischen (z.B. appirjon), viele Armaismen sowie andere sprachliche Eigenheiten deuten evtl. auf eine späte redaktionelle Hand. Inhalt und Thema Das Hohelied ist eine bearbeitete Sammlung von ca. 30-50 Liedern; die Anzahl lässt sich nicht mehr eindeutig festhalten wunderschöne und bewegende Bilder, die die Wurzeln menschlichen Gefühls und menschlicher Liebe berühren. Bei keinem alttestamentlichen Buch klaffen die Auslegungen so weit auseinander wie beim Hohenlied: Die allegorische Auslegung sieht in den Worten einen höheren (bzw. >>tieferen<<) Sinn; so werden z.B. in der jüdischen-rabbinischen Auslegung der Geliebte und die Geliebte auf Gott und Israel übertragen, in der Auslegung des frühen Pietismus auf Christus und die Gemeinde. Die typologische Auslegung wahrt den direkten Wortsinn, sieht ihn aber zugleich als Vorbild oder Urbild von darüberhinausgehenden Aussagen über Gott und den Menschen. Die profane Auslegung versteht das Hohelied rein als Volksliedhafte Liebesdichtung (so z.B. Johann Gottfried Herder), reißt es aber aus seinem biblischen Zusammenhang heraus. Wir werden daran festhalten müssen, dass das Hohelied das natürliche eheliche verhalten von Mann und Frau zum Inhalt hat. Gleichzeitig dürfen wir es nicht aus seinem biblischen Zusammenhang reißen. Das heißt: Das Hohelied als biblisches Buch führt uns das geschöpfliche Wunder der Liebe zwischen Mann und Frau in ihrer Gottsebenbildlichkeit vor Augen. Es zeigt uns diese Liebe in ihrer ganzen Schönheit und ist so eine Antwort auf Gottes schöpferische Tat: >>Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schurf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie<< (1.Mo. 1,27). Die Liebe zwischen Mann und Frau ist eine der größten Gaben Gottes an dem Meschen und dient daher in der Bibel als Vorbild für die Liebe Gottes zu seinem Volk (Jer 2,2; Hos. 2,21f) und für die Liebe Christi zu seiner Gemeinde (Eph. 5,25ff; 2.Kor. 11,2). Im Hohenlied der Bibel wird uns das Vorbild direkt und ohne Übertragung gegeben. Gliederung Die Versuche, einen gegliederten Aufbau im Hohenlied nachzuweisen, sind zahlreich, müssen aber angesichts der Vielzahl entgegengesetzter Vorschläge als gescheitert angesehen werden. Die folgende Gliederung kann daher nur ein Versuch sein. 1.Kap. 1,1-16 Gespräch zwischen den Liebenden 2.Kap. 2,1-7 Die Braut im Palast des Königs 3.Kap. 2,8-3,5 Der Besuch des Geliebten und die nächtliche Suche der Braut nach ihm 4.Kap. 3,6-5,1 Salomos Hochzeitzug und seine Lieder 5.Kap. 5,2-6,3 Das gescheiterte Treffen der Liebenden 6.Kap. 6,4-7,1 Die Wiedervereinigung der Liebenden 7.Kap. 7,2-8,4 Wechselgespräch 8.Kap. 8,5-14 Die Treue der für immer Vereinten